Zuviel Busen und zu wenig Platz

Heute bin ich geerdet und von jeglichen tiefsinnigen Gedanken befreit worden. Wie das geht? Beim Busfahren. Wir haben uns morgens in einen freikirchlichen Gottesdienst nach Punjabi, der Hauptstadt von Goa, aufgemacht. Bei der Hinfahrt saßen wir ganz hinten und sind von einem Hubbel zum nächsten gehüpft. Zum Glück habe ich noch genug Flüssigkeit zwischen meinen Bandscheiben, um das auszugleichen (ob das medizinisch richtig ist muss meine Mum beurteilen). Bei der Rückfahrt wollte der Busbetreiber wohl das Geschäft seines Lebens machen und hat das kleine Gefährt mit 70 Leuten vollgestopft. Ein Mädchen musste sich zu uns in die Zweiersitzreihe quetschen; ich hätte es ja auf den Schoß genommen, aber es hatte zu große Scheu vor uns Weißen.

Zum Glück saß ich bei der Rückfahrt am Fenster. Miriam hingegen hat es böse erwischt: Sie saß am Gang und wurde mehrfach benutzt – als Ablage für Obsttüten und als Lehne für eine dicke, nähebedürftige Inderin. Lehne zu sein war aber noch besser als den prallen Busen der Dame an der Wange zu haben, was zeitweise auch der Fall war. Ich hätte natürlich auch mal fragen können, ob wir den Platz tauschen sollen – die Idee kommt mir leider erst jetzt :-).

Der Gottesdienst in Panjim hat eine tolle Location: Die Gemeinde hat im „Hotel Ritz“ einen Raum angemietet, mit Blick über den Fluss. Ansonsten geht es so fröhlich zu wie man es sich hierzulande vorstellt: Beim Singen stehen und klatschen alle, ich stand als Ab-und-zu-Sitzende ziemlich alleine da. Pure deutsche Powerlosigkeit. In derselben Zeit, in der wir in Deutschland 15 Lieder singen würden, werden hier genau drei gesungen. Die kann ich jetzt dafür auswendig!

Der große Markt von Panjim ist herrlich. In einer riesigen Markthalle, mit allem was man sich vorstellen kann. So riecht Indien wenn es gut riecht, was wahrlich nicht immer der Fall ist (bei uns auf dem Land riecht es nach Staub und Rauch, weil jeder seinen Abfall verbrennt). Vor allem der seifige Korianderduft taucht immer wieder auf. Habe ich erwähnt, dass ich in Goa in der Gefahr stehe, unterzugehen (vielen Dank für die aufmunternden Kommentare)? Hier in der Goa-Hauptstadt ist das Gegenteil der Fall. Die jungen Männer an den Blumenständen haben sich so über uns gefreut, dass sie uns Blumengirlanden geschenkt und in die Frisur eingebaut haben. Und ein kleiner Junge war so fotogeil, dass er für unsere Bilder gleich mehrfach posierte. Süß!

9 Gedanken zu „Zuviel Busen und zu wenig Platz

  1. Es ist fraglich, ob die Busfahrt im Stehen besser gewesen wäre. Wer weiß, was Du in diesem Fall alles ins Gesicht bekommen hättest.
    Mmh… Koriander! Ich liebe seinen Geruch und Geschmack. Wobei ich mir sicher bin, dass es in Indien viel intensiver duftet. Aber ich kann mich irren 😉
    Was Du über den „Duft“ bei „euch auf dem Land“ 😉 schreibst, finde ich interessant. Ich habe mich immer gefragt, ob man die Farben, die so Indientypisch sind auch riechen kann. Doch keine der Farben verbinde ich mit Rauch – aber klar, wenn die Leute ihren Müll verbrennen – vermutlich ungefiltert, erklärt es sich…
    Lieder so lange zu wiederholen, bis jeder sie ohne Text kann, hast Du ja schon intensiv geübt – gut dass Du Dich schon durch die Taizee-Andachten „umgewöhnen“ konntest. Wie lange dauerte der GD denn?
    Was sind das für Blüten, aus denen die Ketten auf dem Bild sind? Das Foto sieht nach intensiven Düften aus …

    • @Anja: Sitzen ist tatsächlich in jedem Fall besser! Ich finde Koriander auch toll. Und natürlich riecht es auf so einem Markt auch sehr unterschiedlich: In der Fischmeile halten sich selbst Indier Tücher vor Mund und Nase, bei den Blumen- und Obstständen duftet es frisch und manchmal zitronig, den Kopf über die Gewürzsäcke zu halten ist sowieso irre. Aber mich hat halt am meisten der frische Koriander beeindruckt 🙂 Ich schätze, der Gottesdienst hat so zwei Stunden oder ein bisschen länger gedauert. Genau weiß ich das nicht, ich bin hier ziemlich zeitlos… (Ist eigentlich noch November)? Tja, was sind das für Blumen… Bin auch noch unwissend!

  2. Hallo Yvonne, Bei mir bricht hier langsam der pure Neid aus. Ich möchte auch diese schönen Farben, Gerüche (wenn auch nicht immer gute) und die ganzen anderen tollen Eindrücke haben. Aber ich bin zu feige diesen Traum zu verwirklichen…. Also werde ich weiter mit Begeisterung Deinen Berichten folgen.

    Bis bald, bin nicht so gut im Schreiben.

    Gabi

  3. Du hast Glück: Du bist noch unter 30 und hast deshalb hoffentlich noch gut durchwässerte Bandscheiben. – Das mit dem Bus fahren scheint ja nicht so ganz „ohne“ zu sein in Indien. Das erinnert mich ein bißchen an Rom (1982). Es war furchtbar: weniger die Strassen, sondern der übervolle Bus. — Ich gehe mal davon aus, dass es etwas anderes ist :Taize-Lieder zu wiederholen, als Lieder mit deutschem Text. Bei deutschen Liedern mag ich zu viele Wiederholungen auch gar nicht. – Aber von einem gehe ich sicher aus: Es war dort mehr Lebendigkeit als in vielen deutschen Gemeinden. Und da konntest Du ab und zu sitzen bleiben?

    Dein indisches Tagebuch wächst und gedeiht. Das finde ich super. – Heute war es unser Gesprächsthema am Mittagstisch. Wir wollen es einmal in gebundener Form.

  4. Auf welcher Sprache war denn der Gottesdienst? Konntest du ihm irgendwie inhaltlich folgen? Wie viele Menschen waren da?
    Und was war es für eine Freikirche? Gibt es da z.B. auch Baptisten? Na die hätten sich auf jeden Fall geoutet, durch das Grüßen im Gottesdienst 😉

    • @Almut: Der Gottesdienst war auf Englisch, insofern konnte ich ganz gut folgen. Es war auch ziemlich gutes Englisch, also nicht das, was man manchmal als „Pidgin“ hört… Ich denke, dass am Anfang etwa 20 Menschen da waren, am Ende 40. So mit punkt zehn Uhr und so is da nich so… Es ist eine freie Gemeinde, genaueres weiß ich leider nicht; Baptisten gibt es zumindest in unserer Nähe nicht (nicht dass wir wüssten). Und du hast recht: Am Grüßen erkennt man sie… 🙂 Ob das weltweit so ist?? Das würde ich jetzt auch gerne wissen. Inhaltlich ging es um das Sich-nicht-Sorgen, der Text von den Lilien und den vögeln. Keine „deutsche Schwarzbrot-Predigt“, mir würde auf Dauer was fehlen, aber der Pastor kann wohl auch anders…

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